Eine Reise nach Island - trotz allem!
Eigentlich sollte es ja nach Spitzbergen gehen aber erneut machten uns die Restriktionen aufgrund Covid-19 einen Strich durch die Rechnung. Zum zweiten Mal musste dieser Trip nun verschoben werden. Alternativ bot sich Island als Reiseziel an. Da dort, im Vergleich zum Normalzustand, in Coronazeiten mit eher wenig Touristen gerechnet werden konnte und Island sowieso immer einen Besuch wert ist, war die Entscheidung schnell gefallen! Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass sich auf dieser Reise ein Lebenstraum erfüllen würde.
Es begann die Zeit des monatelangen bangen Wartens. Vieles war unberechenbar geworden und Ferienpläne zu schmieden empfand ich eigentlich schon fast absurd in dieser Situation. Ich rechnete damit, dass auch diese Reise wieder abgesagt werden müsste.
Am 19. März war Island dann plötzlich in den Schlagzeilen. Allerdings nicht im Zusammenhang mit der Coronakrise, sondern weil einer der vielen Vulkane, der Fagradalsfjall, ausgebrochen war. Nun konnte ich es definitiv kaum erwarten, auf diese faszinierende Insel zu kommen.
Seit ich als Kind mit meiner Familie eine Ferienreise ins Vulkangebiet des Vesuvs unternommen und in seinen ruhenden Schlund geblickt hatte, war ich fasziniert von dieser gewaltigen Naturkraft. Damals schon erwachte in mir der Wunsch, einmal einen Vulkanausbruch aus sicherer Distanz miterleben zu können – so traurig die Geschichte der damals betroffenen Regionen sowie vieler anderer auf dieser Welt auch war und ist. Leider sind alle früheren Pläne von Vulkanreisen in diverse Länder gescheitert. Entweder war der Vulkan wieder verstummt, zu unberechenbar und damit zu risikoreich oder das entsprechende Land politisch so instabil, das eine Reise dorthin einfach zu gefährlich gewesen wäre.
Wie Du bereits durch die Existenz dieses Beitrags erahnen kannst, hatte sich dieser Reise jedoch nichts mehr in den Weg gestellt. Die Monate vergingen, der Fagradalsfjall zeigte zu meiner Freude immer wieder Aktivität und am 1. Juli hatte ich endlich isländischen Boden unter meinen Füssen!
Vulkaninsel Island
Island beherbergt in 32 Vulkansystemen insgesamt etwa 130 Vulkane, wovon durchschnittlich alle 5 Jahre einer ausbricht. Der Grund für diese hohe vulkanische Aktivität liegt an der geografischen Lage der Insel, nämlich dort wo die eurasische und die nordamerikanische Kontinentalplatte aufeinandertreffen. Genau genommen ist es jedoch kein Aufeinandertreffen sondern ein Auseinanderdriften der Platten – nämlich Jahr für Jahr um etwa 2 cm. Zwischen den Platten verläuft ein grosser Riss, beidseits gesäumt von einer durch Lava gebildeten Erhebung, dem sogenannten mittelatlantischen Rücken. In Island besteht der Riss zwischen den Kontinentalplatten aus mehreren Furchen, entlang derer die Vulkansysteme zu finden sind. Beim Auseinanderdriften der Kontinentalplatten wird die Erdkruste richtiggehend aufgerissen und Magma kann aus dem Erdinnern nach aussen strömen. Dies ist auch die Weise, wie Island entstanden ist. Im Ozean türmte sich immer mehr Magma zu einem riesigen, unter Wasser liegenden Berg auf, bis vor etwa 20 Millionen Jahren die Wasseroberfläche durchbrochen und eine neue Insel geformt wurde.
Im Gegensatz zum Eyjafjallajökull, der im Jahre 2010 durch seine immense Rauchwolke den internationalen Flugverkehr über Tage lahm legte, war der neu ausgebrochene Vulkan Fagradalsfjall von eher harmloser Natur. Seine Lava war dünnflüssig, in der Menge eher gering und der Austrittsort nicht, wie beim Eyjafjallajökull, von einer Eiskappe bedeckt. Dadurch konnten die Lava und die Gase über immer wieder neu entstandene Risse ungehindert austreten. Dies verhinderte, dass sich ein gefährlicher explosiver Druck in der Magmakammer aufbauen konnte. Da die Lava in die angrenzenden Täler abfloss, war ihr Verlauf ziemlich berechenbar. Die nächstgelegene Stadt Grindavik, die nur 10 km vom Vulkan entfernt liegt, sowie weitere nahe gelegene Dörfer und Städte, z.B. auch der Flughafen in 20 km Distanz, galten somit als nicht gefährdet. Einzig eine Farm stand im vermuteten Abflussgebiet. Es wurden deshalb Hügel aufgeschüttet, um die Lava in den Tälern zu kanalisieren. Der Vulkan wurde natürlich zudem von den Spezialisten intensiv beobachtet. Die relativ gute Berechenbarkeit des Vulkans ermöglichte es, Wanderwege für die vielen Neugierigen auzuschildern und es entstanden Parkplätze für Besucher. Somit war er für die Touristen „auf eigene Gefahr“ freigegeben. Über Monate zeigte der Fagradalsfjall mal mehr, mal weniger Aktivität. Krater entstanden und Risse taten sich auf und verschwanden wieder.
Am 18. September konnte zum letzten Mal austretende Lava beobachtet werden. Das Gebiet zeigt aber intermittierend weiterhin seismische Aktivität sowie aus der Tiefe aufsteigende Lava und es wird damit gerechnet, dass es am Fagradalsfjall oder in seiner Umgebung im Krysuvik-Vulkansystem in den nächsten Monaten oder Jahren zu weiteren Ausbrüchen kommt.
Der Lavastrom hat die Farm übrigens nicht erreicht. Es kamen durch den Ausbruch auch keine Menschen zu Schaden.
Am Vulkan
Nach der Ankunft in Keflavik wurde noch im Flughafen der Fotorucksack vulkantauglich gepackt und nach einer Stärkung gings gleich los zum lang ersehnten feuerspeienden Ungetüm. Es war bereits Abend und auf dem Weg zum Aussichtspunkt kamen uns so einige Tagesausflügler entgegen. Je höher und dadurch näher wir kamen, desto lauter wurde das Grollen des Fagradalsfjall. Wie ein andauerndes tiefes Donnern hörte es sich an. Schon bald eröffnete sich auch die Sicht auf das oberflächlich abgekühlte, schwarze Lavafeld. Ab und zu konnte man daraus aufsteigende kleine Rauchfahnen erkennen und der Schwefelgeruch wurde immer intensiver. Dank dem steten Wind wurden die Gase jedoch gut verblasen, sodass die mitgebrachte Gasmaske erstmal nicht gebraucht wurde. Oben angekommen trat auch endlich der Vulkan ins Sichtfeld. Zu dem Zeitpunkt war er relativ ruhig und nur wenig Lava bahnte sich langsam ihren Weg aus dem auf einer Seite eingestürzten Krater. Trotz der weiten Distanz war es ein unbeschreibliches Gefühl in der hereinbrechenden Dunkelheit dort oben zu stehen, mit Blick auf den grollenden Vulkan und umgeben von all den Sinneseindrücken. Es erschien mir wie ein Traum – ein wahrlich in Erfüllung gegangener Lebenstraum. Ich war total überwältigt und es dauerte eine Weile, bis ich es schaffte meine Kamera zu bedienen und die Drohne auf ihren ersten Flug zu schicken.
Als die Drohne dann endlich in der Luft war flog ich Richtung Lavafeld und machte hektisch immer wieder Fotos. Wie nahe kann man wohl mit so einem Plastikding gefahrlos an die feurige Lava herannavigieren? Auf keinen Fall wollte ich meine Drohne schon auf dem ersten Flug verlieren! Schliesslich war die Speicherkarte im Vogel und erst wenn dieser wieder sicher landete, wären die gemachten Fotos auch in Sicherheit. Fast erleichtert nahm ich das nach einer Weile einsetzende Piepsen zur Kenntnis, das das Ende der Batterielaufzeit ankündigte. Ich lenkte die Drohne zurück und war überglücklich, die ersten eindrücklichen Luftaufnahmen des Vulkans im Kasten zu haben. Schnell wechselte ich die Batterie, verstaute die Speicherkarte wie einen Schatz sicher in meinem Rucksack und stattete die Drohne mit einer neuen aus. Los ging es ein weiteres Mal in die Lüfte. Doch nach einem Kilometer Flug – mitten über dem Lavafeld – beschloss die Drohne plötzlich, ein Landemanöver einzuleiten. Trotz meiner aufsteigenden Panik konnte ich gerade genug gegensteuern und das unwillige Teil zurück beordern. Offenbar gab es ein Problem mit der Batteriespannung. Einige Energielieferanten waren halt schon etwas in die Jahre gekommen. Insgesamt drei Batterien versetzten mich im Verlaufe der zwei Ferienwochen in einen solchen Schreckmoment. Zum Glück ging jeweils alles glimpflich aus und ich hatte ja genügend Ersatz mitgebracht. Die Drohne kam also vollständig, wenn auch ein bischen angekokelt, nach Hause zurück.
Als wir schon eine Weile das Spektakel am Fagradalsfjall beobachtet hatten, verstummte dieser unvermittelt. Das gewohnte tiefe Dauergrollen, das man schon lange nicht mehr bewusst wahrgenommen hatte, wich einer unheimlichen Stille. Das war ein sehr eigenartiges und mulmiges Gefühl und wir starrten ziemlich ratlos zum Krater hinüber. Hatte er seine Aktivität etwa eingestellt? Eine Weile tat sich nichts, doch plötzlich erkannten wir eine kleine Fontäne, gerade mal ein bischen höher als der Kraterrand. Und es kam noch besser! Die Aktivität nahm zu und nun konnten wir wiederholte Eruptionen miterleben. Die Lavamenge wurde ebenfalls immer grösser und das glühende Lavafeld umso eindrücklicher.
Auf den folgenden Flügen zum Vulkan wurde ich immer mutiger und getraute mich, auch etwas näher an die Lava und den Krater heranzufliegen. Die Lichtverhältnisse waren jedoch recht schwierig und ich empfand es als sehr herausfordernd, ein gute Mischung aus Panoramafotos, Detailaufnahmen und Filmen zu machen – und dies in brauchbarer Qualität. Die Batterielaufzeit war gefühlt einfach immer viel zu kurz, bzw. die Strecke zum Vulkan deutlich zu lang. Ich glaube, ich hätte auch eine ganze Woche dort bleiben können, ohne mich zu langweilen! Aber zwei Tage mussten reichen, es stand noch so einiges anderes auf dem Programm.
Nach mehreren Stunden Vulkanfaszination nahmen wir frühmorgens müde den Rückweg zum Auto unter die Füsse. Nach einer kurzen Fahrt sank ich dann schon schlafgetrunken aber überglücklich, voller Eindrücke der vergangenen Nacht ins Bett. Draussen zwitscherten schon wieder die ersten Vögel. Der dicke Vorhang hielt jedoch zuverlässig das frühe Tageslicht fern. In Island sind die Sommernächte kurz, die Tage dafür umso länger. Aber Schlaf braucht man halt trotzdem…
5 Antworten
Richtig, richtig schöne Bilder! Fühlt sich fast so an, als würde man selber wieder an der Krete stehen…
Vielen lieben Dank Mel! Es war schon wahnsinnig eindrücklich, gell :-)!!
Hallo Sandra
Wahnsinnsbilder und vor allem der Film ist Superklasse! Kannst Du auch Drohne fliegen? Oder aus dem Helikopter gefilmt? War selber auch in Island, aber nur rund um die Insel!
Hoi Aschi
Vielen lieben Dank!
Ja, die meisten Bilder und die Videos habe ich mit der Drohne aufgenommen. Zum Teil habe ich Blut geschwitzt aber die Drohne hat zum Glück alles „lebend“ überstanden ;-)!
Liebe Grüsse,
Sandra
fantastische Aufnahmen und spannender Artikel. WOW